Isabelle Vivianne, 22 Jahre, Tischlerin!
Ich wusste immer schon, dass mein Geschmack teuer ist und auch zu speziell, als dass es die Möbel, die ich mir vorstelle, genau in der Form zu kaufen gibt. Ich bin auch nicht bereit Kompromisse einzugehen, was Interieur angeht. Wenn ich eine Vorstellung habe, muss es genauso werden, wie ich es mir erdacht habe.
Mein Vater, Großvater wie auch sein Vater und der davor waren Handwerker. Meistens zwar Malermeister, nur ein einziger hat den Beruf des Tischlers ausgeübt, und nun ich. Ich bin auf Baustellen groß geworden. Quasi.
Leider als sehr belastend. Ich erhole mich immer noch davon. Ich wurde sehr hart behandelt, oder es wurde mir nichts zugetraut. Dadurch habe ich mir auch lange nichts zu getraut. Erst beim Gesellenstück habe ich meinen ganzen Mut zusammen genommen und bin aufs Ganze gegangen. Es hat funktioniert und ich konnte über einiges hinweg kommen. Ich war eigentlich fest überzeugt, das Handwerk direkt nach der Ausbildung wieder fallen zu lassen. Nur durch meine Arbeit am Gesellenstück habe ich die Freude am Tischlern wirklich entdeckt und jetzt möchte ich es nie wieder hergeben. Ich habe viel aus der Zeit gelernt.
Sehr gut. Viele haben den Schritt bewundert, da es heutzutage etwas unkonventionell ist, vor allem, wenn man Abitur hat. Ich persönlich glaube die Gesellschaft hat das Bild und den Mehrwert einer Ausbildung etwas verzerrt. Viele wissen nicht, wie viel weiter man mit einer präzisen Ausbildung kommen kann, als mit einem Studium in einem weitfächerndem Studiengang.
Ich hatte sorge vor sexueller Abwertung. Am Ende war es sagen wir verkraftbar. Unterschätzt habe ich allerdings das Arbeiten als generell Frau. Es war oft sehr widersprüchlich. Entweder wurde mir sehr viel aufgelastet oder nichts.
Ich bin derzeit selbstständig. Ich habe das Vertrauen in eine gute Geschäftsführung verloren. Ich brauche jetzt Zeit, um das Tischlern selbst mit Freude in mein Leben zu integrieren, weswegen ich derzeit hauptsächlich private Projekte mache, sprich nur für mich arbeite. Ich wollte Freiraum und die Möglichkeit ohne Angst zu arbeiten. Heute bin ich bei einem großartigen Meister eingemietet. Ich kenne kaum einen Menschen, der so sehr in seiner Mitte lebt, wie er. Ich bin froh bei ihm untergekommen zu sein und von ihm weiter lernen zu können. Er verändert glücklicherweise mein Bild, welches ich in der Ausbildung sammeln musste, in eine gesündere Richtung.
Ich denke derzeit sehr viel darüber nach, ob und wie. Ich werde auf jeden Fall den Meister in 2021 machen, damit die Möglichkeit offen ist. Und dann schauen wir mal, wie sich alles entwickelt.
Heute: das freie Arbeiten, die Kreativität, die aber an Statik gebunden ist. Es ist ein komplexer Beruf und gleichzeitig eine künstlerische Profession.
Ich arbeite eigentlich als Interieur Designerin und kann mich so in meinen Ideen auch real ausleben. Es ist der Ausgleich zum Planen.
Der Moment in dem ich mein Gesellenstück das erste Mal zur Probe zusammen gesteckt habe. Ich war noch nie so stolz auf mich, und ich bin sehr selten wirklich stolz. Ich weine heute noch beinahe, wenn ich nur daran denke.
Männer. Im Wesentlichen. Und all ihre Wehwehchen, die sie nicht kommunizieren können.
Es gibt keine Kritik an meiner Berufswahl. Eine Handwerksausbildung zu machen ist eine der ehrbarsten Entscheidungen, die man treffen kann, neben einer Berufswahl im Sozialsektor oder die Mutterschaft.
Seid stolz, seid schön, seid hart. Beweist niemandem etwas, nutze deine Energie lieber für dich selbst. Du kannst dich nur auf dich verlassen, diskutiert, aber werdet nie laut. Seid ihr selbst und im richtigen Moment, das, was man nicht von euch erwartet. Lasst euch nicht abhalten. Von nichts auf dieser Welt, denn ihr werdet gebraucht, egal was jemand anderes erzählen will.
Vernünftige Löhne zahlen – warum verdient jemand der den ganzen Tag körperlich arbeitet, hohes Risiko eines Unfalls hat und zusätzlich extremen Denksport anwenden muss weniger?
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